Beispiel zur Stichtagsproblematik (LG Karlsruhe – 6 O 418/13):
Geklagt hatte ein am 07.01.1947 geborener AN, der am 01.01.1973 mit knapp 26 Jahren in den öffentlichen Dienst eintrat und am 01.03.2012 mit 65 Jahren und 1 Monat in Rente ging. Er war am 31.12.2001 verwitwet (Steuerklasse I) und erhält eine VBL-Zusatzrente von 570,72 €.
Mit seiner am 15.06.2000 verstorbenen Ehefrau war er über 30 Jahre verheiratet.
Am 07.10.2002 heiratete er seine zweite Ehefrau. Wäre die Wiederheirat noch bis Ende 2001 erfolgt, hätte er monatlich 323,39 € mehr an Zusatzrente erhalten (wg. Steuerklasse III). Bei einer Lebenserwartung von 20 Jahren ab Rentenbeginn und einer jährlichen Erhöhung der VBL-Zusatzrente um 1 Prozent kämen so insgesamt 85.449 € zusammen.
Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage auf eine zusätzliche monatliche Rente von 323,39 € abgewiesen.
Der Kläger wurde doppelt bestraft wegen des Verpassens von 2 Stichtagen.
1. Strafe: „Strafe der zu späten Wiederheirat“
Zwar war er über 30 Jahre (!) verheiratet, aber am Stichtag 31.12.2001 leider verwitwet. Daher bleibt er in der Steuerklasse I. Wäre der Kläger am 31.12.2001 noch oder schon wieder verheiratet gewesen, dann käme er in die Steuerklasse III und erhielte eine höhere VBL-Rente.
2. Strafe: „Strafe der zu späten Geburt“
Der Kläger ist ein so genannter Rentenferner, da er am 01.01.2002 das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Er war am 07.01.1947 geboren. Wäre er sechs Tage vorher geboren worden, wäre er ein so genannter "Rentennaher" und würde eine deutlich höhere Zusatzrente erhalten.
Die vom Landgericht Karlsruhe zu entscheidende Frage war:
Stellt die doppelte Bestrafung einen Härtefall dar, der es gebietet, der Klage ausnahmsweise stattzugeben? Die Entscheidung des Gerichts: Nein, nur eine „besondere Form der Stichtagsnähe“