Warten ohne Ende
Auch neuere Urteile des BGH schaffen keine rechtliche Klarheit. Gegenstand der Klagen war die Frage, ob für die so genannten rentenfernen Jahrgänge (Geburtsjahrgänge 1947 und jünger) die mit Tarifvertrag vom 30. Mai 2011 beschlossene Neuregelung und deren Umsetzung in die Satzung der VBL rechtmäßig war. Darüber hinaus wurde aber verlangt, dass das Gericht schon bestimmt, wie die Neuregelung vorzunehmen ist bzw. auch eine Dynamik der Startgutschrift (Anwartschaftsberechnung zum 31.12.2001) bis zur Verrentung zu bestimmen.
Der BGH hat sich, wie die Vorinstanzen, geweigert, hier konkrete Anordnungen zu treffen oder schon die Dynamik der Anwartschaft bis zur Rente festzulegen. Vielmehr wurde, wie zuvor auch schon vom OLG Karlsruhe, nur wiederum ausgesprochen, dass der Wert der Startgutschrift nicht verbindlich festgelegt sei: „den Tarifvertragsparteien sei (erneut) Gelegenheit zu geben, eine Lösung zu suchen, die die strukturellen Mängel beseitige. Eine gerichtlich gestaltende Regelung des Übergangsrechts sei - noch - nicht geboten.“
Die einzelne Höhe des Anspruches, auch beim Rentner, bleibe offen. Der BGH meint, dass die gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts nicht unzumutbar verkürzt wird. Der Justizgewährungsanspruch einerseits und die Tarifautonomie andererseits wären gegeneinander abzuwägen und dem Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien sei derzeit noch ein höheres Gewicht beizumessen. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gebietet derzeit noch keine gerichtliche Übergangsregelung.
Auch soweit in dem Verfahren beanstandet wurde, dass die gesetzliche Rente nach einem fiktiven Wert aus 45 Jahren Pflichtversicherungszeit – auch bei Frauen – von der Gesamtversorgung abgezogen wird (Näherungsverfahren) wird diese Frage nicht geprüft, weil es angeblich nicht mehr darauf ankommt, wenn die Startgutschrift ohnehin unwirksam ist. Der BGH lässt daher die weiteren Kritikpunkte an dem Umstellungsrecht des Jahres 2001 ungeprüft.
Die Entscheidung sorgt für eine weitere Verschleppung und eine Verhinderung eines wirksamen Rechtsschutzes gegen nachteilige Satzungsänderungen, die auf Tarifrecht beruhen. Im Ergebnis ist es unerträglich, wenn nach mehr als 15 Jahren hinsichtlich einer Neuregelung aus dem Jahre 2001 eine verbindliche Regelung immer noch nicht getroffen ist. Die Tarifvertragsparteien wollten hierüber im April 2017 erneut verhandeln.
Ein derartiges verzögertes Vorgehen ist für die Betroffenen unzulässig. Eine entsprechende Verfassungsbeschwerde, mit der geltend gemacht wird, dass ein wirksamer Rechtsschutz geboten sei und eine Zwischenregelung zumindest vom Gericht getroffen werden müsse, um die berechtigten Ansprüche der Versicherten, die sich schon in Rente befinden, zu sichern.
Notfalls muss auch der Weg zu internationalen Gerichten beschritten werden, um einen derartigen Missstand abzuhelfen und einen wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten. Rechtsschutz nach dem Tod eines Rentners nützt diesem nichts mehr.